Aufklärung durch Entertainment

Oper und Comic sind für Lydia Steier kein Widerspruch. Ihr Markenzeichen ist eine reflektierte Opulenz, die verführen soll. Ein Gespräch über Amerika, frühe Einflüsse, Werktreue und die «Zauberflöte» – ihr Regiedebüt bei den Salzburger Festspielen 2018

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Frau Steier, Sie wollten ursprünglich Sängerin werden, haben am Oberlin Conservatory in Ohio in den 1990er-Jahren ein komplettes Studium absolviert. Warum ist daraus nichts geworden?
Ich hatte einfach nicht die Nerven für diesen Beruf. Das Singen an sich war nicht das Problem. Erst recht nicht das Spielen auf der Bühne. Aber beides zusammen? Da bin ich immer in Panik geraten.

Schon als Studentin?
Ja. Bei jedem Auftritt war ich wahnsinnig aufgeregt. Aber dieses Lampenfieber hätte ich wohl irgendwann überwunden.

Im Rückblick würde ich sagen: Die eigentlich unüberwindliche Hürde für mich war die verstaubte Opernästhetik in Amerika. Für die Aufführungen an der Uni wurden wir zum Beispiel in angeranzte, plüschige Kostüme aus den 1960er- und 70er-Jahren gesteckt, die man sich aus dem Fundus der New York City Opera auslieh. Dieser historistische, pseudo-authentische Plunder, diese Museumsoptik galt als Inbegriff der Oper. Auch in Cleveland oder Pittsburgh, wo ich während des Studiums viele Produktionen gesehen habe. Schrecklich. Nach und nach wurde mir klar: Das ist nichts für dich. Es hat keinen Sinn, bei so etwas mitzumachen.

Und da reifte der Entschluss, es als Regisseurin zu ...

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Opernwelt Juli 2018
Rubrik: Interview, Seite 28
von Albrecht Thiemann

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