Apokalypse in Amerika
In grünen Laborkitteln und mit Schutzbrillen bewehrt fummeln die Nornen hilflos an den Kabeln irgendeines Computernetzwerks herum; Gutrune lümmelt mit Hagen auf einem Bett und versucht, dem Fernseher mit einer kaputten Fernbedienung ein Bild zu entlocken; Brünnhilde hat zwei linke Füße und wird – in unförmigem Abendkleid wie eine Bauersfrau wirkend, die sich für den Gouverneursball aufgetakelt hat – von Gunther in einen Saal aus Glas und Stahl geschleppt; die Rheintöchter erwarten Siegfried in einer von Plastik-Wasserflaschen überquellenden Schlucht; zur Schlusskadenz pflanzt ein k
leines Mädchen einen Baum. Solcherart sind die Bilder, die Francesca Zambellos neue «Götterdämmerung» prägen. Ganze sechs Spielzeiten hat es gedauert, bis Zambellos «Ring», als Kooperation zwischen Ost- und Westküste angelegt, vollendet war. Das Ergebnis indes wirkt, als hätte man ihn in sechs Wochen zusammengeschustert: hölzern die Personenregie, Ensemblekultur nur andeutungsweise erkennbar, die Löcher in der Handlung mit massenhaft Bühnennebel und Videomaterial gestopft.
Von Aufschüben, Personalwechseln und finanziellen Engpässen gebeutelt, hatte die Washington National Opera das Projekt 2006 mit dem ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein

- Alle Opernwelt-Artikel online lesen
- Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Opernwelt August 2011
Rubrik: Panorama, Seite 43
von Matthew Gurewitsch
Es leuchtet ein, dass sich Antonio Pappano im Zuge seiner frisch entdeckten Rossini-Begeisterung zunächst «Guillaume Tell» zugewandt hat: Schließlich steht der «Tell» als französische Grand Opéra eines emigrierten Italieners für die Symbiose aus italienischen Wurzeln und musikalischem Weltbürgertum, die auch den in Großbritannien und den USA aufgewachsenen...
Ganz auf sich zurückgeworfen sind die 16 Nonnen in «Dialogues des Carmélites». In ihrer Lebensweise, in der Entscheidung gegen die (Außen-)Welt, auch in der Wahl des Märtyrertums. Am Tiroler Landestheater wird das erst recht augenfällig, wo die Oper in fast provozierender Kargheit gespielt wird, die Charaktere und Schicksale überdeutlich hervortreten lässt. Fast...
Nicht wenige Inszenierungen haben aus «Idomeneo» – mit wechselndem Erfolg – eine Art «Götterdämmerung» gemacht. Doch die behält sich Vera Nemirova für das kommende Jahr zum Abschluss ihrer «Ring»-Deutung in Frankfurt vor. Im nahe gelegenen Mainz hat sie Mozarts Dramma per musica auf menschliches Maß gebracht: Der traumatisierte Kriegsheimkehrer erlebt...