Amadeus am Komsomolskaja Platz
Schon merkwürdig, was sich da vor der Premiere 2005 abspielte. Protestnoten, Demos, sogar eine Debatte in der Duma löste die Nachricht aus, der Schriftsteller Vladimir Sorokin habe den Text verfasst für die erste Opernauftragsarbeit, die seit 1979 am Bolschoi Theater aus der Taufe gehoben werde. Putin-Anhänger witterten Pornografie auf offener Bühne, forderten ein Aufführungsverbot – ohne das neue Werk zu kennen. Deftig ist das Ganze schon, aber Sex spielt keine Rolle.
Es geht vielmehr um Rosenthal, einen jüdischen Genetiker, der Menschen klont.
Er ist aus Nazi-Deutschland in die Sowjetunion geflohen, wo er – mit Stalins Segen – seine Arbeit fortsetzen darf. Die Handlung setzt im Jahr 1975 ein: Rosenthal arbeitet an einem Mozart-Klon, nachdem er bereits Wagner, Verdi, Mussorgsky und Tschaikowsky wiedererschaffen hat. Seine berühmten «Kinder» können es kaum erwarten, Wolfgang Amadeus zu treffen. Als Rosenthal – wir schreiben das Jahr 1992 – kurz nach dem Ende der kommunistischen Herrschaft stirbt, landen die fünf gedoubelten Komponisten auf der Straße: am Komsomolskaja Platz im Moskauer Bahnhofsviertel. Mozart bandelt mit der Prostituierten Tanja (Kristina ...
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Herr Klink, Sie singen nun seit mehr als zwanzig Jahren Oper. Was ist Ihnen heute besonders wichtig, wenn Sie auf die Bühne treten?
Eine direkte Verbindung zwischen Sprache und Stimme. Danach suche ich, in jeder Vorstellung aufs Neue. Gesang ist ja eigentlich etwas Gemachtes, Künstliches. Ich will diese Künstlichkeit überwinden. Das treibt mich an. Eine Partie...
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