Auf der Suche nach sich selbst

Oper in Lateinamerika? Ein Bild ist sofort da: Klaus Kinski als Fitzcarraldo in Werner Herzogs gleichnamigem Film, der nach dem Vorbild des Theaters in Manaus ein weiteres Opernhaus im peruanischen Dschungel erbauen lassen will, um dort sein Idol Enrico Caruso live zu erleben, und, als der Traum platzt, kurzerhand sein manövrierunfähiges Transportschiff für eine einzige Aufführung zur mobilen Oper umfunktioniert. Die Frage ist nur: Wie viel Fiktion, wie viel Realität steckt in dieser cineastischen Vision? Eine Tour d’Horizon

Nachdem Marco Polo im späten 13. Jahrhundert mit seiner Reise durch das Mongolenreich maßgeblich zur Erweiterung des mittelalterlichen Weltbilds beigetragen hatte, waren die Voraussetzungen für weitere Entdeckungsfahrten in westliche Richtung geschaffen. Als treibende Faktoren fungierten Handel und christliche Mission. Die islamische Expansion im 15. Jahrhundert führte schließlich zur Unterbrechung der gängigen Handelsrouten, sodass sich die portugiesische Krone, die über das notwendige Kapital und Wissen verfügte, verstärkt der Erkundung des Südatlantiks widmete.

Nach Abschluss der Reconquista folgte das spanische Kastilien dem portugiesischen Vorbild.

Die «Entdeckung» des lateinamerikanischen Kontinents durch Christoph Kolumbus führte einerseits zur Ausbeutung der indigenen Völker durch die Invasoren und rasch zu gewaltsamen Auseinandersetzungen, die das Klima zwischen Europäern und indigener Bevölkerung nachhaltig vergifteten. Andererseits forderten die Spanier die territoriale Absicherung der neu entdeckten Landstriche auf internationaler Ebene. Um die Gebietsansprüche zwischen Spanien und Portugal friedlich zu regeln, kam es 1494 zum Vertrag von Tordesillas, der Spanien die ...

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Opernwelt Januar 2021
Rubrik: Essay Lateinamerika, Seite 50
von Cornelia Preissinger

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