«Wir haben eine Mission»

Ein Gespräch mit Oskar Eustis über Dramaturgie, den Broadway, Tony Kushner, Bernie Sanders, Thomas Picketty und die radikale Idee von Amerika

Stefanie Carp: Sie haben Ihr Theaterleben dem Entwickeln und Aufführen zeitgenössischer Dramatik gewidmet und verschiedene Theater ge­leitet. Seit 2005 haben Sie das Public Theater zu einer der erfolgreichsten New Yorker Bühnen gemacht. Wie sehen Sie die Rolle eines Dramaturgen und eines Produzenten?
Oskar Eustis: Produzent und Dramaturg haben zwei verschiedene Funktionen, die einander ergänzen: Als Produzent beauftrage ich Arbeiten, wähle Künstlerinnen aus und betreue sie im Rahmen der Mission des Theaters.

Diese Mission besteht darin, etwas zu kreieren, das zählt, das sowohl in die großen sozialen Debatten unserer Gegenwart eingreift als auch versucht, so viele Bürger wie möglich an diesen Debatten zu beteiligen. Ich muss also an zwei Seiten arbeiten: Wer soll die Geschichte schreiben, und welches und wie viel Publikum soll an der Geschichte beteiligt sein? Es ist nie genug: Immer gibt es noch Raum für mehr Publikum, einen stärkeren Inhalt, eine größere Idee.

Carp: Und der Dramatug?
Oskar Eustis: Mein Job als Dramaturg beginnt danach. Im Kern geht es darum, den Künstlerinnen zu helfen, die beste Version ihrer Ideen zu realisieren. Ich habe manchmal gesagt, ein guter Dramaturg ...

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Theater heute Februar 2017
Rubrik: International, Seite 43
von Stefanie Carp

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