Das verflixte 7. Mal

Vor 80 Jahren kam Sergei Prokofjews «Romeo und Julia» erstmals auf die Bühne – im mährischen Brünn. Das Jubiläum wird mit einer Neuproduktion gefeiert, aber was ist von der Uraufführung geblieben? Eine Spurensuche von Dorion Weickmann

Mário Radačovský wirkt kein bisschen gestresst. Die Augen blitzen, der Schalk sitzt ihm im Nacken – der Künstlerische Leiter des Brünner Nationalballetts ist in der Slowakei geboren und doch ein Tscheche,  wie er im Bilderbuch steht. Er ist sofort bereit, sich in der schmucken Altstadt von Brno – so der tschechische Name der Stadt – auf einen Cappuccino zu treffen. Dabei hat er nicht nur eine kleine Tochter von 15 Monaten samt entsprechendem Schlafdefizit, sondern am Vorabend die Premiere der Saison gestemmt: «Romeo und Julia».

Was zunächst kaum nach Sensation klingt, denn Sergei Prokofjews Ballett zählt zu den Evergreens des Repertoires und ist durch die Hände vieler eminenter Choreografen gegangen, von Frederick Ashton über John Cranko, Kenneth MacMillan bis John Neumeier (um nur ein paar VIPs zu nennen). Die Attraktion liegt natürlich im Plot, den William Shakespeare so unwiderstehlich um die «starcross‘d lovers» von Verona rankte, dass sie schon 1785 den Weg auf die Tanzbühne fanden. Dazu kommt Prokofjews alle Gefühlsreserven hinwegfegende Tondichtung: akustisches Cinemascope sozusagen. Was Wunder also, dass «Romeo und Julia» längst ein Klassiker ist. Trotzdem war es für Mário ...

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Tanz April 2019
Rubrik: Traditionen, Seite 52
von Dorion Weickmann

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