Elf plus eins

Die beeindruckenden Videos für die Kay-Voges-Inszenierung „RCE“ – nach einem Roman von Sibylle Berg – am Berliner Ensemble entwickelte ein elfköpfiges Team um Cutterin Andrea Schumacher in Zusammenarbeit mit einer KI. In der jährlichen Kritiker:innenumfrage der Zeitschrift „Theater heute“ wurde dieses Kollektivkunstwerk nun als „Video des Jahres“ ausgezeichnet

Bühnentechnische Rundschau - Logo

Dieser Bilderstrom ist eine permanente Überwältigung, ein irrer Sog, ein Labyrinth, in dem man sich verlieren kann. Dynamisch und in hohem Tempo ergießt er sich in der Romanadaption „RCE“ am Berliner Ensemble auf Daniel Roskamps Bühnenkonstruktion.

Wie mit Buntstift schraffierte Farbnetze auf schwarzem Grund zum Auftakt, sich in verschiedenen Graustufen gegeneinander verschiebende Bienenwaben als Grundmotiv, KI-generierte, immer neu wuchernde Szenen aus der Tech- und Arbeitswelt, Landschaften aus Datenströmen oder wie unter Schmerzen gekräuselte Babystirnen, zerborstene Menschenarme und Hundewelpen, sich in Horrorschreie verzerrende Wutmünder. Mal fotorealistisch gemalt, dann wie im Manga stilisiert, um sich wieder in abstrakte Muster zu verwandeln. Dazwischen schauen Hacker:innen grimmig unter Kapuzen hervor, preisen Influencerinnen die neue Kommunikations-App RCE an, turnt ein niedlicher pinkfarbener Troll-Bär durchs Bild. Oder es erklingt die dunkel verzerrte Stimme Gottes, der allmächtigen Autorin, visualisiert durch eine rote Soundfrequenzlinie vor schwarzem Hintergrund. Während Sibylle Bergs Roman die nahe Zukunft in den düstersten Farben ausmalt, konzentriert sich die ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent der Bühnentechnischen Rundschau? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Bühnentechnische-Rundschau-Artikel online lesen
  • Zugang zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Bühnentechnische Rundschau

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

BTR Ausgabe 5 2024
Rubrik: Produktionen, Seite 34
von Eva Behrendt

Weitere Beiträge
Das Theater der Zukunft und darüber hinaus

Die OISTAT (Organisation Internationale des Scénographes, Techniciens et Architectes de Théâtre), die 1968 von sieben Ländern – Kanada, der Tschechoslowakei, der Bundesrepublik Deutschland, der Deutschen Demokratischen Republik, Ungarn, Israel und den Vereinigten Staaten – gegründet wurde, ist ein globales Netzwerk für Theaterschaffende, für die Design, Technologie...

„Wir machen uns fremde Orte zu eigen“

In einem Stadttheater kommt das Publikum ins Haus. Anders bei der Wanderbühne, hier fährt die Bühne direkt zu den Menschen, für die sie spielt, sucht sich einen Dorfplatz und zeigt ihr Stück. So auch die Freie Bühne Wendland, die seit 2021 mit „Moby Dick“ (BTR 4/2024) durch Deutschland bis nach Frankreich reist, um Melvilles Geschichte um die Besatzung des...

Fragen an das Fremde

Den Besuch dieser Venedig-Biennale sollte man auf der Insel La Certosa beginnen. Dem kleinen Eiland, der Lagunenstadt vorgelagert, die einst Sitz eines Kartäuserklosters war und auf dem Wasserweg vom Flughafen Marco Polo zu den Austragungsorten in den Giardini und dem Arsenale liegt. Von hier aus öffnen sich ganz andere Perspektiven auf die älteste Kunstausstellung...