Eintauchen und sich treiben lassen
Ein Juniabend in Görlitz. Es ist noch hell, die Leute verweilen auf dem Gelände des alten Güterbahnhofs, lassen ein ungewöhnlich intensives Theatererlebnis auf sich wirken. Vor der Halle halten zwei Feuerschalen die aufkommende Kühle fern. Manche gruppieren sich darum, andere sitzen an Biertischen und plauschen über das soeben Erlebte. Die Stimmung ist angeregt nach einem Stück, in dem Grenzen zwischen Bühne und Zuschauerbereich aufgelöst sind. Schauspiel, Musik, Tanz, bildende Kunst – das Publikum bewegt sich inmitten eines raumgreifenden Theaters.
Es erstreckt sich auf 2500 Quadratmetern und spricht alle Sinne an. Mir ist, als hätte ich soeben eine szenisch belebte Ausstellung besucht, eine Menge gesehen und wohl noch mehr auslassen müssen. Oder gar verpasst?
Auch diese Sommerzeit wird einmal vergangen sein und ihm blute das Herz, wenn er daran denkt, im September alles wieder ausbauen müssen, was hier gerade erst entstanden ist und die Leute hellauf begeistert. „Das wird echt hart“, ahnt André Winkelmann. Ich treffe den Bühnenobermeister, Leiter der Bühnentechnik und zugleich Produktionsleiter nach der Vorstellung. Gehört nicht Abbauen, Loslassen von gerade Liebgewonnenem zum Alltag jeder Bühne? Ja, schon, doch hier gehe es diesmal besonders tief. „So groß haben wir noch nie gebaut.“ Winkelmann, Jahrgang 1976, wurde in Görlitz geboren. Bayerisches mischt sich in seinen Dialekt, es verrät, dass er schon andere Luft geschnuppert hat. Er ist ein Typ, der zupackt und mitreißt. Seine Kollegen und er haben sich in die Halle verliebt, die einmal ein Umschlagplatz für allerlei Schienentransporte war und zuletzt verwahrlost dastand.
Die sechs Bühnenbauer haben sich hineingestürzt in die Arbeit, als sei es das eigene Heim, und den maroden Ort zwischen Brautwiesenpark und Hauptbahnhof binnen fünf Monaten reanimiert und umgedeutet. Für „Malfi!“, eine Produktion mit dem Untertitel: „Immersives Theatererlebnis von Daniel Morgenroth nach dem Drama ‚Die Herzogin von Malfi‘ von John Webster.“
Augenmaske und bitte kein Wort!
Publikum und Presse feiern das Stück, das am 13. Mai 2023 mit 269 Gästen Premiere hatte. Bis zum 23. Juli folgten weitere 24 Vorstellungen. Die große Resonanz hielt an, die Auslastung liegt am Ende bei 90 Prozent. Insgesamt 6466 Menschen sehen „Malfi!“ (inklusive Voraufführung). Durchschnittlich 250 Gäste kamen pro Abend – eine gute Zahl, denn an manchen Stellen, werde ich feststellen, geht es eng zu. Kaum jemand dürfte den Besuch bereut haben. Am Einlass bekomme ich zum inspiriert gestalteten Programmheft ein blaues Kärtchen und eine Augenmaske, dazu den Hinweis, rechtzeitig zu erfahren, was damit zu tun ist. Auf dem Vorplatz mischen sich Darstellende in Kostümen unter die wartenden Gäste. Das Stück beginnt auf einer kleinen Bühne vor der Güterhalle. Eine Erzählerin führt in die Geschichte ein und stellt die Handelnden vor. Hier aufzupassen empfiehlt sich, denn später ist der Faden nicht mehr zu finden. Dem Publikum wird vermittelt, ein Herzogtum zu besuchen, heimlich. Daher sei die Augenmaske unbedingt zu tragen und, bitte, sprechen Sie kein einziges Wort! Dann geht es, je nach Farbe der Einlasskarte, blau oder grün, über drei verschiedene Eingänge ins Innere. Mit meiner Kartenfarbe lande ich zuerst mitten im Anwesen eines Kardinals. Ich könnte direkt auf ihn zugehen, an seinen wuchtigen Schreibtisch treten, dem Oberhaupt meine Meinung sagen. Daniel Morgenroth ist Intendant des Gerhart-Hauptmann-Theaters Görlitz-Zittau. Den Traum eines immersiven Theaters hegte der 1984 in Coburg Geborene schon vor seinem Amtsantritt an der Neiße vor zwei Jahren. Keine Sitzreihen, kein detailliert vorgegebener Ablauf, keine Frontalsituation. „In dieser Inszenierung ist alles erlaubt“, machte Morgenroth seine Idee gegenüber der „Sächsischen Zeitung“ schon im Winter schmackhaft. „Man kann alles berühren, Türen und Schubladen öffnen, geheime Wege finden, essen und trinken, einzelnen Darstellern folgen, in Räumen verweilen, weiterziehen oder Orte auslassen.“
Ein Umbau mit Optimismus und Enthusiasmus
Den Stoff, auf dem das Görlitzer Experiment gründet, liefert die Tragödie „Die Herzogin von Malfi!“ des englischen Dramatikers John Webster, die um 1613 erstmals aufgeführt wurde.
Typisch für einen Shakespeare-Zeitgenossen, ist die Handlung komplex. Etwa zwei Dutzend Personen sind beteiligt. An der Spitze die Herzogin von Malfi: Frisch verwitwet, möchte sie wieder heiraten, und zwar ihren Haushofmeister Antonio de Bologna. Das wollen ihre beiden selbstsüchtigen Brüder auf gar keinen Fall. Sie bangen um den eigenen Einfluss, außerdem wäre die Hochzeit nicht standesgemäß. Ein Bruder ist ein machthungriger Kardinal. Herzog Ferdinand, der andere, hat sich selbst in seine Zwillingsschwester verliebt. Am Ende der Tragödie wird die Herzogin ermordet. Warum sie und danach alle anderen Protagonisten in einer Racheorgie sterben, erschließt sich nicht so einfach, schon gar nicht in dieser Besuchsform, lässt sich aber im Programmheft nachlesen. Morgenroth bindet alle vier Sparten seines Hauses ein, verlegte die Handlung aus der Renaissance in die Zeit um 1900, passend zum Ort der Aufführung. Statt der herzoglichen Familie agiert eine Dynastie, die „Malfi Eisenbahn AG“. Deren Logo prägt ein Zahnrad in Gründerzeit-Ästhetik. Ich finde es auf dem Einlasskärtchen und später immer wieder. Ursprünglich sollte „Malfi!“ schon 2022 gegeben werden. Die Produktion wurde verschoben, weil die Pläne mit einem zunächst anvisierten Görlitzer Industriegebäude nicht aufgingen. Angesichts des Zustands, in dem der alte Güterbahnhof vorgefunden wurde, brauchte es viel Optimismus und Idealismus. Bevor das Dach geflickt werden konnte, mussten in den Dachstuhl neue Balken eingezogen werden. Auch die Seitenwände waren teilweise offen. „Im Dezember zog es hier noch durch, das können Sie sich kaum vorstellen“, sagt Winkelmann, während wir mitten in der Halle stehen. Er blickt sich um: „Immerhin: Notausgänge hatten wir von Anbeginn mehr als genug.“ Eine Vielzahl an Toren brachte die einstige Nutzung des Gebäudes mit sich. Die Feuerwehr hatte dennoch Auflagen. Ins Dach waren zu Lüftungszwecken Öffnungen einzubringen. Winkelmann hat das wenig erfreut, hatte man es doch gerade erst dicht bekommen.
Externe Spielstätte beflügelt und setzt Kräfte frei
Die einstöckige Halle aus der Gründerzeit wurde nach und nach erschlossen. Zu tun gab es jede Menge. Matthias Kühn, gelernter Dachdecker, war zuständig für Dacharbeiten, Tischler Robert Lorenz für alle Arbeiten mit Holz.
Sämtlicher Metallaufgaben hatte sich Oliver Schmidt, gelernter Schlosser, angenommen. Veranstaltungstechniker Sven Tittmann war zuständig für Stoffe, Teppiche und das Streichen. Sein Fachkollege Lukas Wieners (BTR stellte ihn in Ausgabe 06/2022 im Kurzinterview vor) war, mit fast allen an seiner Seite, für den besonders umfangreichen Trockenbau zuständig. „Raum für Raum haben wir uns vorgearbeitet“, beschreibt Winkelmann die Entstehung. „Das eine führte zum Nächsten.“ Es war ein Prozess, der vorher nicht absehbar war. „Die meisten Ideen kamen mir nachts.“ Der massive Wasserschaden am 8. November 2022 im Großen Haus am Demianiplatz ist eine Katastrophe und extrem deprimierend für die Mitarbeiterschaft. Die externe Spielstätte, um die sich Winkelmann und Kollegen umso intensiver kümmern können, tut gut und hat beflügelt. Etwa 4000 Arbeitsstunden sind hier hineingeflossen. Noch weitere Zahlen sprechen für sich: 2147 Quadratmeter Gipskartonplatten wurden für die Trockenbauwände gebraucht. 2000 Quadratmeter OSB-Platten kamen zum Einsatz. Insgesamt 600 Meter Holzbalken wurden verbaut, dazu Kantholz von fast ebendieser Länge und fast 100.000 Schrauben versenkt.
Alles neu? – Mitnichten. Die Räume wurden mit Kulissen ausgestattet, die vielen Theaterbesuchern bekannt vorkommen dürften. Sie stammen aus früheren oder nicht realisierten Produktionen, so die hohen, mit Gold verzierten Wände des Palasts aus „Orpheus“. Ausstattungsteile aus Opern-, Operetten- und Ballett-Inszenierungen wie „Don Pasquale“ (fiel Corona zum Opfer), „Fledermaus“, „Romeo und Julia“, „Sunset Boulevard“, „Tannhäuser“ und „Wunderland“ fanden in diesem Großprojekt neue Verwendung. Wer „Malfi!“ besucht, der besucht eine Ausstellung über das Görlitzer Theater.
Birkenwald mit Teich – ein Highlight
Die intensive Wiederverwendung von Bühnenbildern und Ausstattungsteilen hat die Ausgaben begrenzt. Diese Produktion kostet nach Angabe des Hauses etwa 20 Prozent mehr als eine große Opernproduktion und etwa halb so viel wie das große Sommermusical 2021. Recycling soll Thema bleiben. Neue Elemente wie Rigipsplatten und Holzlatten wurden so dimensioniert, dass sie später im Theater eingesetzt werden können. Selbst die Masken werden nach jedem Abend eingesammelt.
Ich irre einigermaßen ziellos, aber guter Dinge durch ein Labyrinth verschiedenster Räume vom prächtigen Spiegelsaal bis zum dunklen Verließ. Vorbei an Schlafgemächern und einem Pferdestall gerate ich in eine psychiatrische Anstalt, wo man Patientenakten einsehen und sogar die Zelle betreten könnte. Ein modrig riechender Birkenwald mit Teich ist ein absolutes Highlight. „Die Bäume haben wir 80 Zentimeter tief einbetoniert“, sagt Winkelmann. Ein besonderer Ort für die Sinne – wunderbar illuminiert und der Rindenmulch verströmt einen authentischen Duft. Der Geruchssinn wird ohnehin stärker bedient. Wer sich über den Ausgang der Handlung informiert hat, dem wird der Geruch von Zirbenholz und Zirbenöl in der Sargtischlerei sehr unheimlich vorkommen. An besonderen Räumlichkeiten wurde sich öffentlich gestoßen. Mein Eindruck: Die Kritik hat das Interesse nur beflügelt. Ein unscheinbarer, begehbarer Kleiderschrank des Kardinals mündet in einen schummrigen Raum, von wo aus ein Fenster den Blick in eine Striptease-Bar eröffnet. An den Wänden hängen Schwarz-Weiß-Fotografien, die Menschen nackt und beim Sex zeigen. Morgenroth war auch diese Ausstattungsfacette (mehr ist es nicht) wichtig als Erinnerung daran, dass unsere Welt weiter sehr patriarchalisch strukturiert ist.
Geheimnisumwitterte Gänge, eine Taverne und ein Priester
Alles verbindet sich miteinander durch geheimnisumwitterte Gänge. Der Boden enthält manche Stufe, der Belag wechselt. Eine gemütliche, aus Holz gezimmerte Taverne ist Teil des Eisenbahn-Herzogtums. Ich erlebe sie als ein Refugium, wo man dem mitunter rätselhaften Treiben entfliehen, Gesicht zeigen, sprechen, Snacks essen und feines Görlitzer Bier trinken kann. Doch bleibt die Taverne nicht der einzige Ort verbaler Interaktion. Ich erfahre es, als ich an einen Priester gerate. Er nimmt meine Hand, führt mich in einen separaten Raum. „Sie dürfen jetzt Ihre Augenmaske abnehmen“, sagt er und bittet mich zum Beichtstuhl … Noch nie war ich derart in ein Theaterstück involviert, das ich eigentlich nur besuchen wollte.
Ein Sprung ins Wasser
Das Wort Immersion stammt vom spätlateinischen „immersio“ ab und steht für Ein-, Ab- oder Untertauchen. „So wie man von einem Sprungbrett lustvoll in einen warmen Swimmingpool springt und dann komplett von Wasser umgeben ist, so fühlt sich das Publikum beim immersiven Theater“, schreibt Regisseur Morgenroth im Programmheft. Er hatte eine solche Inszenierung vor Jahren in London erlebt und während seines Studiums selbst damit gearbeitet. Der Wunsch, das Publikum teilhaben zu lassen, existiert in der Theatergeschichte seit Langem. Richard Wagners Idee des Gesamtkunstwerks spielt hinein. „Immersion ist das neue Zauberwort“, resümiert Theresa Schütz 2016 in einem Beitrag in „Theater der Zeit“. Sie blickte etwa auf das „Hotel Berlin“, ein Projekt, mit dem das Ballhaus Ost im Stadtteil Prenzlauer Berg aus seiner Not eine Tugend machte: Der voyeuristisch gelobte morbide Charme des Hauses durfte nachts erfahren werden. Schlafe dort, wo andere Kunst machen, so die Devise. Die Wiener Festwochen, Berliner Festspiele, Ruhrtriennale und verschiedene Häuser thematisieren das Immersive schon länger, bringen virtuelle Räume ins Spiel. Grundiert wird der Diskurs von einem Unbehagen, das um die Frage kreist: Wie lange können klassische Formate des Kulturbetriebs noch bestehen gegen die wachsende Vielfalt vor allem digitaler Angebote? „Debatten, wie sie in Deutschland geführt werden, etwa um VR-Brillen, treffen nicht das, was ich unter immersivem Theater verstehe“, sagt Morgenroth. „Stationen-Theater, wo das Publikum wandelt, ist für mich noch nicht immersiv. Man soll mit allen Sinnen dabei sein, sich treiben lassen“, so der Regisseur. Bei „Malfi!“ lässt sich wohl ebenso viel erleben wie verpassen. Doch: „Man kann nichts falsch machen“, findet Morgenroth. Unternehmen wie Punchdrunk aus London und deren Produktion „The Burnt City“ liefern ihm eine Messlatte, wenngleich hier ganz andere Dimensionen im Spiel sind. Görlitz biete immerhin ein „Theater aus der Erde“. Die griffige Stahlbarondynastie ist ein klarer Gegenentwurf zum Digitalen.
Ein Abend wie der Lauf eines Flusses
Zum Finale läuft das Geschehen in einer Kathedrale zusammen. In den davor liegenden, etwa anderthalb Stunden können die Zuschauer ganz frei entscheiden, wie sie durch die Räume wandeln, welchem Strang des Geschehens sie folgen wollen. Welche Farbe die Einlasskarte auch immer hat, die über die Tür ins Innere und damit über den Einstiegsort entscheidet – das Ganze lässt sich unmöglich erschließen, zumindest nicht an einem einzigen Abend. Der Preis des Eintauchens: „Man kann nicht alles entdecken“, räumt Morgenroth ein. Immer mehr Details tun sich auf, je länger man bleibt, je öfter man kommt. Fünf Euro Rabatt bietet das Haus für ein Folgeticket. Von diesem so ungewöhnlichen wie schlüssigen Angebot wird reger Gebrauch gemacht. Fast 150 „Wiederholungstäter“ zählt der Besucherservice, manche sind gar vier Mal in die Vorstellung gegangen. Dieser Abend lässt sich im Nachhinein mit dem Lauf eines Flusses vergleichen, der zunächst eng geführt wird, um anschließend durch ein breites Tal in vielen Verzweigungen zu mäandern. Sich treiben lassen, zurückschwimmen, an Land gehen – das geht bei „Malfi!“. Vor der Mündung, bevor alle nach Hause entlassen werden, gibt es nochmals eine Bündelung: das Finale der Inszenierung. Darstellende und Publikum ziehen in einen zuvor verschlossenen Raum. Eine vielköpfige Wachmannschaft der Dynastie markiert die jeweilige Grenze. Die uniformierten Männer, unter ihnen Winkelmann, besetzen die Einlässe, später die Notausgänge, sagen gegebenenfalls „Stopp“ und führen die verstreuten Besucher schließlich dem Trauerzug zu, der sich auf die Kathedrale zubewegt.
Eine Zwiebel für den Heimweg
Im September wird abgebaut. Doch ein totales bedeutet das Ende dieses Sommertheaters am Güterbahnhof nicht. Er soll zur Ausweichspielstätte ausgebaut und dafür sein Dach angehoben werden. Die Waldorfschule, der das Haus gehört, wird den einen Teil, das Theater den anderen Teil nutzen, auch als Probenzentrum mit Orchesterprobenraum – so ist der Plan. Intendant Morgenroth hält die logistischen Voraussetzungen für ideal und nennt das Vorhaben zudem „städtebaulich nachhaltig“. Drittmittel seien dafür beantragt. Derweil bleibt die grundständige Finanzierung des Theaters ungeklärt. Die Kommune ist unterfinanziert, der Landkreis Görlitz gehört zu den ärmsten in ganz Deutschland. „Selbst wenn man alle ‚Freiwilligkeitsaufgaben‘ streichen würde, etwa Musikschulen, bliebe noch immer ein Defizit“, weiß Morgenroth und sieht sein Haus von Insolvenz bedroht. Tarifsteigerungen und Inflation sind Hauptgründe, vom Wasserschaden ganz zu schweigen, der eine Generalsanierung der Bühnentechnik nötig macht. Die ist ohne weitere Fördermittel undenkbar. Kein erfreuliches Szenario gerade in einer Region, in der derzeit so viel über Strukturwandel gesprochen wird. Ein Eintauchen in „Malfi!“ kann diese Sorgen für Momente vertreiben. Was ihn hier am meisten stolz gemacht hat, frage ich André Winkelmann noch: „Das kann ich Ihnen sagen: meine fünf Kollegen, die mich hier unterstützt haben. Das ist unbeschreiblich.“ Zum Abschied drückt er mir eine Gemüsezwiebel in die Hand. Frisch vom Marktstand aus dem Herzogtum, der für die nächste Vorstellung ohnehin frisch aufgefüllt werden muss. Eine Erinnerung, so ungewöhnlich sinnlich wie das ganze Projekt. „Immersives Theater ist sicher nicht die Zukunft des Theaters, aber es ist eine Zukunft“, schreibt Daniel Morgenroth im Programm. Diese Form helfe, uns „als leibliche, sinnliche Wesen“ wahrzunehmen. „Die digitale Welt ist unser Tod, denn wir sind nicht digital, wir sind Wesen aus Fleisch und Blut, verhaftet im Dreck der Erde.“ •
Karsten Blüthgen studierte Akustik und Musikwissenschaft. Er lebt in der Lausitz und schreibt Geschichten, Porträts und Musikkritiken für verschiedene Tageszeitungen und Fachzeitschriften.
„Malfi!“
Regie: Daniel Morgenroth
Bühne: Damian Hitz, André Winkelmann, Daniel Morgenroth
Kostüm: Emma Sophie Hoffmann
Komposition/Musikalische Leitung: Albert Seidl
Dramaturgie: Martin Stefke
Produktionsleitung: André Winkelmann
Sounddesign: Florent Chaintiou
Ausstattungsdetails und Assistenz: Lea Kunkat
BTR 4 2023
Rubrik: Foyer, Seite 4
von Karsten Blüthgen
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